Verfasst von: ah | November 7, 2010

Berlin: Berlusconi lässt die Mieten steigen

Die korrupte und manipulative Politik des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi hat Berichten von Spiegel Online zu Folge eine regelrechte Auswanderungswelle ausgelöst. Viele – so der Beitrag „Berlino gegen Berlusconi“ – der regierungsfeindlichen Italiener/innen zeiht es nach Berlin. Knapp 15.000 seien es offiziell – realistische Schätzungen sprechen von 50.000. Beliebteste Wohngebiete seien Friedrichshain, Kreuzberg und Mitte:

In Berlino, wie die Italiener die Stadt nennen, hat sich eine Art Exil-Opposition gegen die Regierung Berlusconi gebildet. Es sind Schauspieler und Schriftsteller, Restaurantbesitzer und Ladenverkäufer, die nicht nur italienisch essen und reden, sondern wollen, dass sich endlich etwas ändert. (…)

„Viele junge Leute fliehen vor Berlusconi nach Berlin“, sagt die Künstlerin Giovanna Salabè. Es kommen neue Studenten und auch Touristen, die länger bleiben.

So verständlich die Abneigung gegen Berlusconi ist, so aufwertungsaffin liest sich die Aufzählung der italienischen Regierungsfeinde: Schauspieler, Schriftsteller, Studierende, Tourist/innen, die länger bleiben wollen – das klingt wie eine typische Beschreibung von Gentrification-Pionieren.

Eine erst jüngst veröffentlichte Wohnungsmarktstudie verwies als Beleg für den immobilienbwirtschaftlichen Aufschwung in Neukölln ausgerechnet auf eine Italienerin:

Bezahlt werden die hohen Mieten vor allem von Neuberlinern, die in der Stadt eine Beschäftigung finden. Viele seien aus anderen Ballungsgebieten hohe Mieten gewohnt, so der IVD. Ein Beispiel: Eine Italienerin schrecke auch nicht vor 8,50 Euro Miete pro Quadratmeter in der Leinestraße von Neukölln zurück. Dies zeige, dass die Kreuzberger Mischung aus Off-Kultur und Multikulti zu einer Art Immobilien-Mehrwert auch in Teilen von Neukölln geführt habe.

Während in Mitte und Prenzlauer Berg weiter an der Umwandlungsschraube gedreht wird, werden in Kreuzberg und Neukölln vor allem steigende Mietpreise festgestellt. Der jüngste IVD-Marktbericht stellte für Friedrichshain-Kreuzberg eine elf-propzentige Steigerung der Neuvermietungsmieten im Vergleich zum Vorjahr fest. Der Tagesspiegel („Berlin macht auf München„) weiss auch zu berichten, wer diese Preise zahlt: Die Zugezogenen.

Nun sind 8,50 Euro/qm in Neukölln sicher im Vergleich zu Silvio Berlusconi das kleinere Übel. Aus der Perspektive der Berliner Wohnsituation wäre eine Abwahl oder auch ein Sturz der Regierung Berlusconi jedoch die bessere Lösung…


Antworten

  1. Hey Andrej,

    als regelmäßiger Leser Deines interessanten Blogs möchte ich an dieser Stelle einmal Kritik loswerden.
    Denn ich würde doch eher sagen: geben wir unseren italienischen Genoss_innen hier Anknüpfungspunkte zu gemeinsamen Protesten und fordern wir Mietpreisobergrenzen (oder den Gesamtumsturz), anstatt den italienischen Migrant_innen, die vor einem Neofaschisten abhauen, eine Mitschuld für hiesige Mietsteigerungen zu geben, oder? Da kommt man sonst schnell in gefährliches argumentatives Fahrwasser a la bleibt doch, wo Ihr seid und kämpft dort, anstatt uns unseren günstigen Wohnraum und die Jobs wegzunehmen.
    solidarische grüße

    • Hallo Ruhrpottexilant,

      vielen Dank für deinen Kommentar und den richtigen Hinweis auf die Gefahren des billigen Rassismus. Ich hoffte, der satirische Moment der skurrilen Meldungen würde ohne expliziten Hinweis deutlich. Ich glaube weder, dass italienische Linke an den Mietsteigerungen in Berlin ‚Schuld‘ sind und finde es auch ganz unabhängig von den Mietpreisen in Berlin richtig, die Regierung Berlusconi zu stürzen. Den Aufruf nach Anknüpfungspunkten für gemeinsame Proteste finde ich prima und würde mich sehr freuen, wenn ich von entsprechenden Initiativen erfahre.

      Mit besten Grüßen,

      Andrej

    • Hier möcht’ ich auch antwortet. Und zwar ist es doch völlig und ganz und gar klar das das Problem bei dem liegt der 8,50 will, und nicht bei dem der 8,50 zahlen kann. Wie könnte man jemandem der aus Italien weg will und hier auch noch 8,50/m² aus der Tasche gezogen bekommt Mitschuld geben? Jedenfalls nicht mit Logik.

  2. […] Berlusconi lässt die Mieten steigen Die korrupte und manipulative Politik des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi hat Berichten von Spiegel Online zu Folge eine regelrechte Auswanderungswelle ausgelöst. Viele – so der Beitrag “Berlino gegen Berlusconi” – der regierungsfeindlichen Italiener/innen zeiht es nach Berlin. Knapp 15.000 seien es offiziell – realistische Schätzungen sprechen von 50.000. Beliebteste Wohngebiete seien Friedrichshain, Kreuzberg und Mitte: Quelle: Gentrification Blog […]

  3. Ein verrückter Trend, dass die alle nach Berlin kommen. Aber lang wird das ja auch nicht mehr gut gehen. Auch hierzulande steigen die Mietpreise langsam ins unermessliche.

  4. Ich bin ein von diese Auswanderer. In Rom die Miete kostet von 15€ bis 20€ pro quadrat meter, es ist nicht nur ein Problem mit Berlusconi. Ja, und ich will sauber wände und keine Scheisse in der Strasse, so…Gentrification…ja danke!


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