Verfasst von: ah | Juni 21, 2009

München: Neue Yuppie-Hochburgen?

In der Münchner Abendzeitung wird das Ende von München Schwabing als Yuppie-Hochburg herbeigeschreiben.Die Abendzeitung kennt „Die neuen Yuppie-Viertel„:

Von Schwabing redet keiner mehr: Isar-, Max- und Ludwigsvorstadt mausern sich zu Szenestadtteilen – die Au und Obergiesing sind als nächstes dran.

Gentrification – das zeigt der Artikel in der Abendzeitung – hat sich längst zu einem allgemein gebräuchlichen Konzept gemausert, wenn es darum geht, Aufwertungsdynamiken und Verdrängungsprozesse zu beschreiben. Im Beitrag gibt es eine knappe Beschreibung eines typischen Gentrificationverlaufs:

Die günstigen Mieten ehemals einfacherer Viertel ziehen Studenten und junge Kreative an. Plötzlich steht das Viertel im Ruf, hip und szenig zu sein. Das lockt ökonomisch gut gestellte Yuppies (Kurzform für Young Urban Professionals) an. (…) Vormals günstige Mietwohnungen, vorzugsweise in Altbauten, werden für die gut gestellte Klientel luxussaniert und in Eigentumsimmobilien umgewandelt. Die Folge: Immobilienpreise schießen in die Höhe und Designershops, Bars und Szenekneipen aus dem Boden. Das Problem an der Sache: Der neue Lebensstil im Viertel wird für Alteingesessene unerschwinglich.

In einem wirklich lesenswerten Interview in der Südeutschen Zeitung erklärt Prof. Dr. Frank Schröder am Beispiel des Münchner Glockenbachviertels, was das Problem solcher Aufwertungsprozesse ist und warnt vor langfristigen „Vergreisungsprozesssen“: Die Yuppies kommen.

Interview mit Prof. Dr. Frank Schröder:

sueddeutsche.de: Ihr Berliner Kollege Hartmut Häußermann vertritt die These, dass bald nur noch reiche Yuppies die Innenstädte bevölkern und Einkommensschwache in die Vorstädte verdrängt werden. Trifft diese Aussage auch auf München zu?

Professor Frank Schröder: Der Trend ist absolut da. Ich würde sogar sagen, in München ist dieser Prozess der Yuppisierung noch viel weiter als in Berlin.

(…)

sueddeutsche.de: Wie wird das Glockenbachviertel dann in Zukunft aussehen?

Schröder: Das Problem ist, dass man noch nirgends beobachten konnte, was passiert, wenn die jetztigen Yuppies altern und keine Kinder nachkommen. Es könnten ökonomisch gut situierte, aber vergreiste Viertel entstehen.

sueddeutsche.de: Das Glockenbach als Altenviertel: Halten Sie derartige „Vergreisungs-Szenarien“ für wirklich realistisch?

Schröder: Ich halte sie zumindest nicht für unwahrscheinlich. Denn wenn ein Viertel den Ruf als Altenviertel hat, kommen keine Neuzuzüge mehr.


Antworten

  1. […] Ein Bekannter meinte einmal zu mir: „München hat einen großen Vorteil. Da gibt es keine Probleme mit Gentrifizierung. Die Stadt war ja schon immer komplett gentrifiziert.“ Das stimmt so allerdings nicht wirklich. Zu dem Thema hat der Gentrification-Blog von Andrej Holm einiges gesammelt. […]

  2. Als jemand, der schon lange im Glockenbachviertel lebt, fallen mir dazu zwei Dinge sofort ein.

    a) Was die befürchtete Vergreisung betrifft. Auch Menschen mit einem Einkommen, das über dem Durchschnitt liegt, und davon gibt es bei uns eine ganze Menge, haben Kinder. Und hier im Glockenbachviertel sogar überdurchschnittlich viele. Das Wohneigentum, das man sich ja hart erarbeitet hat, wird man eines Tages dann eben seinen Kindern vererben. Nachdem wir alle unterschiedlich alt werden, wird dies ein längerer Prozess werden. Außerdem gibt es bei uns einen gewaltigen Zu- und Wegzug. Insofern ist die Theorie der Vergreisung zwar ganz interessant, ob es so kommt, das kann niemand sagen.

    b) Selbst wenn ein Vergreisungseffekt einsetzen sollte. Was wäre so schlimm daran? Persönlich hätte ich überhaupt nichts dagegen, wenn der Altersdurchschnitt hier ansteigen würde. Junge Erwachsene, vor allem jene, die mit Begriffen wie Trend, Mode und ähnlichem etwas Positives assoziieren, sind doch unerträglich.

  3. @ guenter muc!
    alte leute sollten sich bewusst sein dass die jungen ihre renten zahlen und das maul nicht soweit aufreißen. damit meine ich alle jenseits der 50, die sich darüber aufregen wenn nachts am gärtnerplatz noch gefeiert wird, oder wegen denen die Strandbar an der Corneliusbrücke um 23 uhr nix mehr ausschenkt und um 24uhr ganz dicht macht. wer es ruhig möchte hat in der stadt nix zu suchen. und außerdem unterstelle ich diesen nörglern und auch dir einen gewissen neid gegenüber der kreativität die hier als trend und modebewusstsein abgetan wird und gegenüber der feierlaune der Jungen zwischen 20 und 30, die, OBWOHL sie auch um 6 in die arbeit oder die uni müssen und erst am abend wieder da rauskommen, sich davon trotzdem nicht ihr leben vermiesen lassen. Im übrigen find ichs ganz schön hart, dass im Glockenbachviertel, das ja als extrem offen und multikulti gilt, leute mit einem dermaßen grauen charakter, wie er sich aus deinem kommentar ableiten lässt, leben. Ich hoffe du feierst dein leben. und deinen kindern gegenüber kann ich nur sagen: ihre eltern sollten mit ihnen aufs land ziehen aber nicht zu weit weg damit sie vor und nachteile der stadt kennen lernen, aber im grünen rumtollen können und sich später entscheiden können ob sie an einer der coolsten unis und in einer der (noch) coolsten städte deutschlands lernen und wohnen wollen. übrigens sind im umland auch die mieten günstiger weil da die gentrification nicht so um sich greift…

  4. „alte leute sollten sich bewusst sein dass die jungen ihre renten zahlen und das maul nicht soweit aufreißen.“

    Interessanter Ansatz: das Recht auf freie Meinungsäußerung in Abhängigkeit vom Alter. Abgesehen von dieser, meiner Meinung nach etwas kruden Vorstellung, würde das bedeuten, dass man mindestens bis zu seinem M.A. oder was auch immer, seine Meinung für sich zu behalten hätte, da man während dieser Zeit ja schließlich auch für niemanden aufkommt, sondern davon profitiert, was Ältere finanzieren.

    „damit meine ich alle jenseits der 50, die sich darüber aufregen wenn nachts am gärtnerplatz noch gefeiert wird, oder wegen denen die Strandbar an der Corneliusbrücke um 23 uhr nix mehr ausschenkt und um 24uhr ganz dicht macht.“

    Weder der Gärtnerplatz noch die Corneliusbrücke liegen im Glockenbachviertel, trotzdem bekommt man natürlich die Probleme aus dem Nachbarsviertel mit. Was oftmals so verharmlosend als feiern beschrieben wird, ist ja bei näherer Betrachtung, eine pure Besäufnisveranstaltung, von Leuten, deren Eltern in erzieherischer Hinsicht schlicht und ergreifend Versager waren. Wenn man sich an einem Samstagmorgen den Platz vor dem Theater oder auch die SB-Filiale der Stadtsparkasse ansieht, kann man sich davon leicht überzeugen. Glasscherben, Plastikbecher en masse, Urin, Erbrochenes und sonstige Exkremente zuhauf, garniert mit den Resten von minderwertigem Billigfraß a la Bergwolf.

    „wer es ruhig möchte hat in der stadt nix zu suchen.“

    Wieso? Wann und durch wen wurde festgelegt, dass Rücksichtnahme in einer Stadt keine Rolle mehr zu spielen hätte?

    „und außerdem unterstelle ich diesen nörglern und auch dir einen gewissen neid gegenüber der kreativität die hier als trend und modebewusstsein abgetan wird und gegenüber der feierlaune der Jungen zwischen 20 und 30, die, OBWOHL sie auch um 6 in die arbeit oder die uni müssen und erst am abend wieder da rauskommen, sich davon trotzdem nicht ihr leben vermiesen lassen.“

    Wenn man seinen Beruf oder sein Studium als etwas sieht, was einem das Leben vermiest, dann macht man sowieso etwas falsch. Mit Neid hat das nichts zu tun, eher mit Verständnislosigkeit, in Bezug auf Prioritäten und Lebensinhalte. Kreativität, Neuerungen, Veränderungen sind als solche noch nichts Positives. Erst wenn sie langfristig zu einer Verbesserung führen, gewinnen sie ihre Berechtigung.

    „Im übrigen find ichs ganz schön hart, dass im Glockenbachviertel, das ja als extrem offen und multikulti gilt, leute mit einem dermaßen grauen charakter, wie er sich aus deinem kommentar ableiten lässt, leben.“

    Das ist etwas, was mich bis heute wundert. Woher kommt eigentlich dieses Vorurteil, dass das Glockenbachviertel extrem offen sei? Und multikulturell beschreibt ja eher einen Problemzustand, denn ein erstrebenswertes Ziel.

    „Ich hoffe du feierst dein leben. und deinen kindern gegenüber kann ich nur sagen: ihre eltern sollten mit ihnen aufs land ziehen aber nicht zu weit weg damit sie vor und nachteile der stadt kennen lernen, aber im grünen rumtollen können und sich später entscheiden können ob sie an einer der coolsten unis und in einer der (noch) coolsten städte deutschlands lernen und wohnen wollen.“

    Kinder werden mein Mann und ich niemals haben, insofern stellt sich die Frage nicht, wo wir sie aufziehen. Was die LMU und die TUM betrifft, so hoffe ich doch inständig, dass Prof. Huber und Prof. Herrmann andere Ziele haben, als als cool zu gelten. Außerdem gehöre ich mit 38 Jahren einer Generation an, die, übrigens vollkommen zu Recht, noch eine Watschen bekommen hat, wenn sie solche Wörter verwendet hätte.

    „übrigens sind im umland auch die mieten günstiger weil da die gentrification nicht so um sich greift…“

    War der Aufmacher im München-Teil des gestrigen Merkurs nicht das Thema, dass sich die Preise im Umland sich denen von München anpassen?


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