Verfasst von: ah | Juni 13, 2016

Berlin: Es fehlen schon jetzt 130.000 leistbare Wohnungen in der Stadt

Foto: nk (CC BY-NC-SA 2.0 DE)

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Heute wurde meine im Auftrag der Fraktion DIE LINKE. (im Abgeordnetenhaus von Berlin) erarbeitete Studie „Sozialer Wohnraumversorgungsbedarf in Berlin“  der Presse vorgestellt.

Die Studie untersucht die Lage der sozialen Wohnversorgung in Berlin. Ausgehend von vorhandenen Bestands- und Angebotsdaten des Berliner Wohnungsmarktes wurde der Bedarf an angemessenen und leistbaren Wohnungen für 350.000 Haushalte im Transferleistungsbezug und weitere 300.000 Haushalte mit geringen Einkommen (ohne Transferleistungen) ermittelt und dem verfügbaren Bestand sowie dem Angebot an preiswerten Wohnungen gegenübergestellt.

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

  • Absoluter Wohnungsmangel von 125.000 Wohnungen. Die in den letzten Jahren dramatisch gesunkene Wohnversorgungsquote von unter 95 Prozent verweist auf einen absoluten Wohnungsmangel in der Stadt. Das rechnerische Wohnungsdefizit beträgt schon jetzt (ohne die Prognose künftiger Bevölkerungsentwicklungen) über 100.000 Wohnungen. Hinzu kommen mindestens 25.000 Wohnungen die für die mittel- und langfristige Unterbringung der Geflüchteten in Berlin benötigt werden.
  • Zusatzbedarf von 110.000 altersgerechten und barrierefreien Wohnungen. Um den demografischen Entwicklungen gerecht zu werden und auch die Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen angemessen mit Wohnungen zu versorgen, werden durch Neu- oder Umbau mindestens 110.000 zusätzliche altersgerechte und barrierefreie Wohnungen in Berlin benötigt.
  • 55.000 angemessene Wohnungen fehlen im Bestand. Unter Berücksichtigung der allgemeinen Nachfrage nach preiswerten Mietwohnungen fehlen für die ausreichende Versorgung der 350.000 Bedarfsgemeinschaften im SGB II und SGB XII etwa 55.000 angemessene Mietwohnungen im Bestand.
  • Weniger als 10.000 angemessene Wohnungsangebote im Jahr 2015: Die Zahl der Onlineangebote von Mieten unterhalb der Bemessungsgrenzen der Angemessenheit hat sich von über 103.000 im Jahr 2007 auf nur noch 9.575 Angebote im Jahr 2015 verringert. Der Angebotsmarkt hat weite Teile Berlins in eine Hartz-IV-freie Zone verwandelt.
  • Fehlbestand von über 130.000 preisgünstigen Wohnungen für Geringverdiener. Für die insgesamt knapp 300.000 Haushalte mit Einkommen unterhalb von 80 Prozent des Berliner Durchschnitts, die keine Transferleistungen erhalten, gibt es nicht genügend leistbare Wohnungen. Es fehlen unter den derzeitigen Einkommensverhältnissen in der Stadt mindestens 130.000 kleine Wohnungen zu Nettokaltmieten von nicht mehr als 200 Euro.
  • Zusatzbedarf von 25.000 preisgünstigen Wohnungen für Geflüchtete. Um den absehbaren Bedarf zur Unterbringung von Geflüchteten sicherzustellen werden weitere 25.000 preiswerte Wohnungen in der Stadt benötigt.

Besonders drastisch wirkten sich die Wohnungsmarktveränderungen für Wohnungssuchende aus, die Transferleistungen beziehen. Die Anzahl der Wohnungsangebote zu Mietpreisen unterhalb „Bemessungsgrenzen für die Kosten der Unterkunft“ haben sich von über 100.000 (2007) auf weniger als 10.000 (2015) verringert. Angesichts von ca. 350.000 Bedarfsgemeinschaften ist ein Umzug damit faktisch ausgeschlossen. Ein Vergleich der Angebotsstruktur von 2007 und 2015 zeigt, wie umfassend die preiswerten Mietwohnungen (die roten Punkte in der Grafik) vom Angebotsmarkt verschwunden sind.

Wohnangebotsstruktur_Berlin_2007

Wohnangebotsstruktur_Berlin_2015

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die ausführliche Fassung der Studie kann hier als PDF-Dokument heruntergeladen werden: „Sozialer Wohnraumversorgungsbedarf in Berlin

 


Antworten

  1. Hat dies auf Kotti & Co rebloggt.

  2. […] Eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse gibt es auf: gentrificationblog.wordpress.com […]

  3. Super grafische Aufbereitung. So kommt die Botschaft an.

  4. Ja, eine gute Aufbereitung, danke. Aber im Grunde genommen ist die Lage bekannt. Wie wäre es mit ein bisschen mehr Konfrontation? Beispielsweise mit der Kenntlichmachung von Leuten wie diesem Immobilienmakler Ziegert? Wenn man sich dessen Website anschaut, sieht man, wohin die Reise geht: Immer weitere Gentrifzierung, Wedding und mehr, Stück um Stück. Leute wie Ziegert lachen sich über solche Fleißarbeiten wie die hier kaputt. Und es glaubt doch wohl niemand ernsthaft, dass die Linke oder sonstwer in der Politik dieser Entwicklung Einhalt gebietet? Ich meine, kann man sich auf Dauer mit der bloßen Darstellung des Problems begnügen?

    Die reale Entwicklung sieht so aus, mit oder ohne Studien:

    Von Mikro-Wohnungen und Geisterstädten

  5. Es stimmt mich traurig und wütend, wenn ich sehe, dass trotz etwa gleichlautender Ergebnisse Anfang der 80er Jahre von Forschern in Berlin („Heute stehen wir vor der Situation, dass beim gegenwärtigen Finanzierungs- und Förderungssystem in eine neue Sozialwohnung insgesamt mehr subventionen gesteckt werden, als die Herstellung dieser Wohnung kostet.Dabei erhalten private Träger bis hin zum Spekulanten, sozusagen zum Nulltarif sozialwohnungen vom Staat geschenkt und diese großzügig verschenkten Wohnungen haben noch nicht einmal eine Dauerbindung und bezahlbare Mieten“ Stefan Krätke in:;: Wohnungsversorgung in der Krise, Berlin 1983), dass also trotz Massen einschlägiger Literatur aus dieser Zeit sich überhaupt nichts geändert hat, wie Herr Holm aktuell nachweist. Diejenigen, die am Fortbestand dieses Systems interessiert sind – es kann nur eine Minderheit der Bevölkerung sein! – sorgen für seinen Weiterbestand. Und die vielen, die unter dem System leiden, auch die öffentlichen Haushalte im übrigen, sind nicht in der Lage sich eine Vertretung zur Änderung zu organisieren. Oder aber Parteien zu finden, die in den legislativen Organen für Änderungen sorgen. So sieht Demokratie meiner Meinung nach nicht aus!

  6. Ja da sieht man ja mal schön wohin die Reise geht! Der Pöbel soll raus aus der Stadt und die Reichen werden immer reicher! Das ist doch überall so, nachdem soviele wenig oder nix besitzen, und so wenige so viel besitzen, das was sie alles gar nicht brauchen! Es lebe die Gier! Und wer soll gefälligst mehr sparen? Natürlich der, der eh schon wenig hat!


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