Verfasst von: ah | September 26, 2013

Berlin: Protest gegen Zwangsräumungen bei Wohnungsbaugesellschaften

Go-In gegen Zwangsräumung bei der WBM (Foto: zwangsraeumungverhindern.blogsport.de)

Aktivist/innen haben am Mittwoch mehrere landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften in Berlin besucht und ein sofortiges Ende der Zwangsräumungen  durch die kommunalen Wohnungsunternehmen gefordert. Auf der Webseite des „Bündnis Zwangsräumung verhindern“ gibt es einen ausführlichen Bericht der Aktionen: „Erfolgreiche Go-Ins bei Wohnungsbaugesellschaften„.

Nach offiziellen Angaben sind jährlich in Berlin über 6.000 Mieter/innen mit Räumungsklagen konfrontiert. Da die Erfassung durch die Bezirksämter weder systematisch noch umfassend erfolgt, ist eine größere Dunkelziffer anzunehmen. Bei derzeit etwa 140.000 gemeldeten Wohnungswechseln pro Jahr bedeutet dies, dass etwa  5 Prozent aller Berliner Umzüge auf eine Zwangsräumung zurückzuführen sind.

Im „Bündnis Zwangsräumungen verhindern“ organisieren sich seit über einem Jahr Aktivist/innen und Betroffenen um Zwangsräumungen zu verhindern. Die erfolgreiche Verhinderung einer Zwangsräumung im Oktober 2012, die spätere Massenblockade gegen die Räumung der Familie Gülbol und auch der Tod von Rosemarie F. nach ihrer Räumung in Reinickendorf haben bundesweit für Schlagzeilen (1 | 2 | 3 | 4 ) gesorgt.

Immer wieder berichteten Berliner Initiative auch von Räumungsklagen durch die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften ( Stadt und Land | HOWOGE | GEWOBAG | WBM ). Nur konsequent, von den öffentlichen Gesellschaften nun ein allgemeines und verbindliches  Räumungsmoratorium einzufordern. Zumal ein Großteil der Räumungsklagen auf die unvollständige Übernahme der Wohnkosten durch die Jobcenter zurückgeht, etwa wenn die Mieten nach der Erhöhung, dem Auszug der Kinder oder dem Tod des Lebenspartners die vom Amt anerkannten Bemessungsgrenze überschreitet.

In der Berliner Zeitung kommt auch der Dachverband der großen Wohnungsunternehmen zu Wort. Der BBU bezeichnete die Aktion als „nicht nachvollziehbar“ und befand, der Protest ginge „weit über jedes tolerierbare Maß hinaus“

Es sei „nicht hinnehmbar, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wohnungsunternehmen in einer solchen Form bedrängt werden“.

Noch mal zu Erinnerung, die „Bedrängung“ bestand in Theateraufführungen, Musikdarbietungen, lautem Protest in den Geschäftsstellen und dem Versuch, die Verantwortlichen zu verbindlichen Aussagen zu einem Räumungsmoratorium zu bewegen.  Der Besuch durch Protestgruppen stört ganz sicher den üblichen Arbeitsablauf und wird womöglich von einzelnen Mitarbeiter/innen auch als unangenehm empfunden – aber „nachvollziehbar“ und auch angemessen ist der Protest angesichts des existentiellen Charakters von Zwangsräumungen allemal.


Antworten

  1. […] Gentrification Blog // 26.09.2013 // Berlin // Protest gegen Zwangsräumungen bei Wohnungsbaugesellschaften […]

  2. Naja, wer (zu Recht) Angst vor wütenden Mieter/innen hat, fühlt sich schnell auch mal „bedrängt“, wenn diese plötzlich in der Geschäftsstelle stehen und irgendwas rufen…

  3. Ein besonders übler Rechtsanwalt ist Nils Huber aus der Friedrichsstraße, der skrupellos schwer kranke Mieter im Auftrag des Dr. Erich Mai von der Gewobag auf die Straße klagt.

  4. Für kommenden Mittwoch, den 30.Oktober, kündigt die GEWOBAG der 57jährigen Mieterin Christine Wettering die Zwangsräumung an.

    Eine kleine UnterstützerInnengruppe hat einen Brief an die GEWOBAG verfasst. Wer Christine unterstützen möchte, schicke den Brief, oder einen anderen, an die GEWOBAG. Hier ist er:


    Guten Tag,

    wir haben erfahren, dass die GEWOBAG Frau Christine Wettering aus ihrer Wohnung zwangsräumen will.

    Zum Konflikt kam es, als ein Fenster im Treppenhaus bei einem Sturm kaputt ging. Frau Wettering hat Angst, dass es durch mangelhafte Sicherung der Fenster wieder zu Schäden kommt, dass dadurch Bewohner_innen und Passant_innen verletzt werden könnten, und dass sie selbst dafür verantwortlich gemacht werden könnte, wie es bereits einmal anklang.

    Wir können uns nicht vorstellen, dass dieser Konflikt nicht gelöst werden kann!

    Leider ist der Konflikt stattdessen immer weiter eskaliert. Beide Seiten haben sich im Ton vergriffen, nur sitzt die GEWOBAG am längeren Hebel.

    Aus ihrer Angst und ihrem Ärger heraus hat Frau Wettering das Mietverhältnis selbst gekündigt. Sie möchte ausziehen, findet aber keine andere Wohnung, möchte die Kündigung wieder zurücknehmen. Die GEWOBAG beruft sich nun auf Frau Wetterings Kündigung und will Frau Wettering räumen lassen. Offenbar will die GEWOBAG so dem Streit aus dem Weg gehen und eine unbequeme und wenig zahlungskräftige Mieterin loswerden.

    Ging es ursprünglich nur darum, die Fenster im Treppenhaus sturmsicher zu machen, ein Konflikt, der besonnen und konstruktiv hätte gelöst werden können, gibt es nun eine existentielle Bedrohung für Frau Wettering.

    Unser Appell an die GEWOBAG :

    Kehren Sie zu einem konstruktiven und menschlichen Umgang zurück!
    Bedrohen Sie Frau Wettering nicht mit dem Verlust ihrer Wohnung! Beenden Sie diese existentielle Bedrohung von Frau Wettering!

    Schaffen Sie die Basis für ein neues Vertrauensverhältnis und damit für einen konstruktiven und besonnenen Umgang mit dem ursprünglichen Konflikt!

    Frau Wettering hat große Angst vor der Obdachlosigkeit und dem Verlust ihrer Privatsphäre. Ihre gesamte Existenz ist bedroht. Wir finden es verständlich, dass Frau Wettering in dieser Situation nicht immer besonnen reagieren kann. Aber die GEWOBAG kann es, dort ist niemand persönlich und existentiell bedroht. Also tun Sie es!

    Die GEWOBAG hat letztes Jahr 23,4 Millionen € Gewinn gemacht , der an das Land Berlin abgeführt und mit dazu verwendet wird, die Profiteure des Bankenskandals auszuzahlen (pro Jahr zur Zeit etwa 140 Millionen €). Es kann nicht sein, dass diese Profite auch dadurch gesichert werden, dass weniger zahlungskräftige Mieter_innen wie Frau Wettering rausgeschmissen werden.

    Keine Profite mit dem Grundbedürfnis Wohnen!
    Keine Zwangsräumungen!

    Schickt den Brief entweder mit der Post an:
    GEWOBAG
    Wohnungsbau-Aktiengesellschaft Berlin
    Herrn Jellema, Herrn Terboven
    Bottroper Weg 2
    13507 Berlin-Reinickendorf ,

    oder als Mail an:
    Info@gewobag.de, service@gewobag.de, info-mb@gewobag.de

  5. Was hier nicht gesagt wird, dass die Wohnqualität für die Mieter immer schlechter wird und die Preise höher, und das nicht nur in Großstädten.


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