Verfasst von: ah | Januar 6, 2016

Berlin: Öffentlicher Wohnungsbau für besserverdienende Minderheit

Seit Monaten dreht sich die wohnungspolitische Debatte in Berlin auch um den Beitrag der kommunalen Wohnungsbaugesellschaften für eine soziale Wohnungsversorgung in der Stadt. Im sogenannten „Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten“ loben sich die Wohnungsbaugesellschaften und der Senat selbst als „wichtigste Partner bei der Wohnungspolitik“. Die Ziele klingen auch überzeugend:

Sie schaffen erheblichen Mehrwert für die Stadt, indem sie durch ihre Mietpreisgestaltung konsequent preisdämpfend wirken…

Auch die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gesobau will ihren Beitrag zur Lösung der Wohnungsnot leisten und verkündet stolz auf ihrer Homepage eine Neubauoffensive:

Als städtisches Wohnungsunternehmen leistet die GESOBAU aktiv ihren Beitrag, um in der dynamisch wachsenden Stadt Berlin auch in Zukunft bezahlbaren Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung bereitzustellen und lebendige Nachbarschaften zu erhalten

Über 10.000 Wohnungen will das Unternehmen in den nächsten Jahren bauen. Dass die tatsächlich den „breiten Schichten der Bevölkerung“ zu Gute kommen, darf bezweifelt werden. Einige der zur Zeit beworbenen Neubauprojekte jedenfalls sind nur für eine kleine, gutverdienende Minderheit der Stadt zu finanzieren.

Gesobau_Neubau_2016_Seite_1

Gegen Maisonette-Wohnungen mit Terassen, Fußbodenheizungen und modernsten energetischen Standard ist grundsätzlich sicher nichts einzuwenden, doch mit Mietpreisen von fast 2.200 Euro sind sie eben kein Beitrag zur sozialen Wohnungsversorgung. Mit Nettokaltmieten von 12,55 Euro/qm entpuppt sich das kommunale Neubauprogramm der Gesobau als ein Wohnungsbau für Höchstverdienende.

Bei einer Mietbelastungsquote von 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens müssten die umworbenen Familien ein Einkommen von über 6.000 Euro im Monat erzielen.  Das klingt nach den gutverdienenden Doppelverdiener-Haushalten, die in den meisten größeren Städten sicher auch irgendwie zu den „breiten Schichten der Bevölkerung“ zu zählen sind. In Berlin gibt es jedoch nach Angaben des Amtes für Statistik nur knapp über 75.000 Haushalte in der ganzen Stadt die ein (Haushaltsnetto-)Einkommen von mehr als 5.500 Euro pro Monat erzielen. Das sind ganze 3,85 Prozent der Berliner Haushalte.

Haushaltseinkommen_2014_Berlin

Ein Neubauprogramm für eine kleine Minderheit der Besserverdienenden ist keine Mehrwert für die Stadtgesellschaft und wirkt auch nicht besonders preisdämpfend. Liebe Gesobau, schön dass ihr als kommunale Wohnungsbaugesellschaft wieder angefangen habt zu bauen – aber bitte, bitte, baut keinen Mist.

 


Antworten

  1. Hat dies auf Ein zweiter Blick rebloggt.

  2. Wenn ich mir diese Kisten mit winzigen Fenstern anschaue, würde ich sagen der Mist wurde bereits gebaut.

    Ich würde es sehr gut finden, wenn neben der reinen Preis- und Mieten Diskussion auch eine Auseinandersetzung über die Architektur stattfindet. Ich befürchte das mit dem Berliner Neubauprogramm wieder nur Schrott gebaut wird.

  3. In Auszügen auf http://www.graefe-kiez-online.de veröffentlicht

  4. Das ist unglaublich, ich hatte mich mal für den Neubau interessiert und war geschockt, als ich dann den Brief mit den Mietpreisen bekam. Das schlimmste ist, dass es für diese 3,85 % Bevölkerung absolut Null notwendig wäre städtische Wohnungen zu bauen, da z. B. auch in der Gegend von dem Beispiel, genug solcher hochpreisigen Wohnungen existieren und leer stehen.

  5. […] tun? In Berlin „entpuppt sich das kommunale Neubauprogramm der Gesobau (die FSB Berlins) als ein Wohnungsbau für…, so der  Stadtsoziologe Holm. Lediglich Reiche werden dort wohnen. Alternativen gibt es, wenn wir […]

  6. Mir ist die Zuordnung zu plakativ. Ein Haushalt mit hohem Einkommen kann einen größeren Anteil des Einkommens für Wohnen ausgeben als ein Haushalt mit geringem Einkommen.

    Damit werden die Wohnungen nicht zum Schnäppchen, eignen sich aber für einen größeren Kreis als angegeben.

    Darüberhinaus funktioniert auch bei einer Gesobau nur eine Mischkalkulation, da in vielen 1.000 Wohnungen kaum mehr als die Instandhaltung an Miete gezahlt wird.

  7. […] Berlin: Öffentlicher Wohnungsbau für besserverdienende Minderheit […]


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