Verfasst von: ah | Mai 27, 2012

Berlin: Protestcamp gegen zu hohe Mieten in Kreuzberg

Mieter/innen in Kreuzberg haben gestern ein Protestcamp gegen steigende Mieten eingerichtet. Das klingt nicht wirklich überraschend, denn der Bezirk ist für drastisch steigende Mieten und sein munteres Protestmilieu bekannt. Doch das Protestcamp am Kottbusser Tor unterscheidet sich von den sonst üblichen, studentisch geprägten Szenemobilisierungen. Es sind vor allem Mieter/innen aus den Sozialwohnungsblöcken rund um das Kottbusser Tor, die da ihren Protest auf die Straße verlagern. Viele der Familien haben türkische Wurzeln und befürchten aus Kreuzberg verdrängt zu werden.

UPDATE: Video von der Eröffnung des Protestcamps am Kotti (26.05.2012)

Verdrängungsgefahr jenseits der klassischen Altbau-Gentrification

Wenn von Gentrification und Verdrängung die Rede ist, dann geht es meist um Altbauten. Gerade die repräsentativen Gründerzeitwohnungen der Innenstadtviertel standen lange Zeit im Fokus des Modernisierungs- und Umwandlungsgeschehens. „Kein Wunder,“ – war oft zu hören – „das sind ja auch wirklich gute Wohnungen und es können eben nicht alle im schön sanierten Altbau wohnen…“.

Die Entwicklungen in den Hochhäusern rund um das Kottbusser Tor zeigen, dass mittlerweile die Mieten selbst im sogenannten Sozialen Wohnungsbau die Verdrängungsschwelle überschreiten. Jedes Jahr werden die Mieten im Rahmen der Förderverträge um ca. 13 Cent/qm erhöht. Das mag angesichts der Mietsteigerungen in anderen Wohnungsmarktsegmente undramatisch klingen, ist es aber nicht.

Eine Umfrage in den Häusern ergab, dass jeder zweite Haushalte schon jetzt mehr als die Hälfte des Einkommens für die Miete aufbringen muss.  Die letzte Mieterhöhung kam im April. Christoph Villinger beschreibt in der taz („Kotti wird ein teures Pflaster“) die Folgen:

„Suchen Sie sich doch eine neue Wohnung, wenn Sie die Mieterhöhung nicht bezahlen können.“ Als im April bei vielen BewohnerInnen in den Hochhaus-Blocks auf der Südseite des Kottbusser Tors die vierte Mieterhöhung innerhalb kurzer Zeit ins Haus flatterte, beschwerten sich einige beim Eigentümer. Doch „ihr Ansprechpartner“ auf Seiten der zuständigen Hermes Haus- und Vermögensverwaltung fertigte sie kurz angebunden ab und wies nur in Richtung Stadtrand, etwa Marzahn. Parallel verschickt das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg Aufforderungen an von Hartz IV lebende MieterInnen, „die Kosten ihrer Unterkunft zu senken“. Denn auch den Sozialbehörden sind die Mieten im sogenannten sozialen Wohnungsbau inzwischen zu teuer.

„Wir wollen in Kreuzberg bleiben!“

In den von der GSW und Hermes verwalteten Häusern am südlichen Kottbusser Tor leben etwa  1.000 Haushalte, etwa 80 Prozent der Bewohner/innen habe türkische Wurzeln und viele leben mit ihren Familien in der dritten Generation in Kreuzberg.

Das ist kein Zufall, denn unsere Migrationsgeschichte begann mit strengen Reglementierungen: erst durften wir nur in Wohnheimen leben, auch danach hatten die angeworbenen „Gastarbeiter“, unsere Eltern und Großeltern, nicht die Freiheit, sich eine Wohnung da zu suchen, wo es ihnen gefiel. Wegen der niedrigen Löhne zogen sie in die vernachlässigten Gebiete am Rande Westberlins.
Während 1989 das politische Personal Westberlins die Entlassung der Ostberliner_innen in die Marktwirtschaft feierte, erhielten viele von uns Stempel mit der „Zuzugssperre für den Bezirk Kreuzberg“ in unsere Pässe gedrückt. Unsere Erfahrung mit Entrechtung und Reglementierung in dieser Gesellschaft ist lang. Wir haben jedoch Kreuzberg zu unserem Zuhause gemacht.

Soziale Mietpreise müssen auch am Kotti gegen die Eigentümer durchgesetzt werden.

Weil sie auch in Kreuzberg bleiben wollen, haben sich die Bewohner/innen der Häuser im März letzten Jahren zur Mietergemeinschaft Kotti&Co zusammengeschlossen und organisieren seither den Protest gegen die unsozialen Mieten im Sozialen Wohnungsbau. Sie haben sich mit anderen Mieterinitiativen zusammengeschlossen (Mietenpolitisches Dossier), ihre Forderungen an die Regierung übergeben, Runde Tische initiiert und Gespräche mit den Eigentümern und Hausverwaltungen gesucht. Das Resultat all dieser Initiativen lässt sich relativ einfach zusammenfassen: Nichts.

Gestern haben die Mieter/innen von Kotti&Co eine Straßenfest genutzt, um ein Protestcamp auf dem Platz vor ihren Häusern aufzubauen. In einer Erklärung der Initiative heisst es:

Wir haben uns jetzt zu einem “Protestcamp” entschlossen bis die Landesregierung eine Lösung für den sozialen Wohnungsbau findet.

Protestcamp von Kotti&Co: „Wir werden bleiben. Wir wohnen hier. Wir sind sowieso hier.“

Die Forderungen der Initiative sind klar formuliert:

  • Kommunalisierung des Sozialen Wohnungsbaus!
  • Übernahme der Verantwortung und der Wohnungen durch die Stadt – Umsetzung der sozialen Pflicht, bezahlbaren Wohnraum für schlechter Verdienende zur Verfügung zu stellen!
  • Bis zur Kommunalisierung des Sozialen Wohnungsbaus durch die Stadt die Einführung einer Kappungsgrenze von 4,-€ pro Quadratmeter (siehe Hamburg).
  • Rücknahme der Kostensenkungsforderung durch die Jobcenter.
  • Rückzahlung der zuviel gezahlten Mieten an die Mieter durch die Hausverwaltungen oder die IBB (analog zu der bis 2011 geltenden Kappungsgrenze von 5,35€).
  • Antirassistische Schulung für diejenigen Jobcenter-Mitarbeiter_innen, die es nötig haben.

Die Forderungen sind keine unrealistischen Wunschträume, sondern brauchen nur eines: den politischen Willen zu ein paar Entscheidungen. Leider sieht es genau danach zur Zeit nicht aus und das Protestcamp droht zu einer Dauereinrichtung zu werden. Kotti&Co werden, wie alle anderen Mieterinitiativen in der Stadt, einen langen Atem brauchen.


Antworten

  1. Aber wer soll die Rekommunalisierung bezahlen? Solche Forderungen sind ja schön und gut. Aber am Ende helfen Sie nicht.

    Was viel mehr helfen würde und angesichts der Berliner Kassen realistischer wäre, ist der Hebel über das Baurecht. Wer „Sozialetagen*“ einbaut in sein Haus, der wird beim Bauantrag vorgezogen. Abgesehen davon darf er höher bauen. Wer zB. sich 2 Sozialetagen einbaut, der darf 2 Etagen höher bauen. Die Sozialetagen kosten keine Grundfläche, tragen die zusätzlichen Kosten (also zb nicht die für das Grundstück) selbst. Und weil das Penthouse jetzt höher ist, kann man das sogar noch teurer verkaufen/vermieten.

    Darüber Hinaus ist so etwas ein echter Beitrag für soziale Durchmischung. Arm und Reich sollten am besten nicht nur im selben Kiez wohnen, sondern im selben Haus. Ein Manager sollte die Nöte eines Harz 4 Empfängers verstehen, dieser aber auch unter welchen Espressoeinsatz der den Spitzensteuersatz verdient. (Gut das war jetzt sehr idealistisch)

    * Etagen mit Mieten wie beim sozialen Wohnungsbau, aber ohne kosten für den Staat; Volletagenäquivalente (Wenn Parterre, wo ja die Hausdurchfahrt etc ist, dann zählt das nur anteilig)

  2. Hallo Tim Leuther,

    vielen Dank für deine Gedanken zum Thema. Die Idee, Baugenehmigungen oder den Zugang zu öffentlichen Grundstücken an eine Sozialwohnungsquote zu koppeln, wird unter dem Stichwort „Münchener Modell“ in den wohnungspolitischen Diskussionen bereits seit ein paar Jahren geführt und teilweise auch umgesetzt. Das ist sicherlich ein überlegenswerter Vorschlag, wenn es um die Neuerrichtung von Sozialwohnungen geht. Was die Mieter/innen in Kreuzberg umtreibt, ist aber der Umgang mit den Bestandswohnungen aus dem Sozialen Wohnungsbau. Um es sehr populär ausdrücken: Die Wohnungen am Kotti (wie etwa 160.000 andere Wohnungen in Berlin) sind faktisch aus öffentlichen Geldern finanziert worden – die Forderung nach einer kommunalisierten Verwaltung also gar nicht so weit hergeholt.
    Die von den Eigentümer/innen angeführten Kostenmieten sind in der Regel nicht real, sondern werden z.T. als Buchungsgröße selbst nach einem Eigentümerwechsel weiter zur Bemessungsgrundlage der Förderzuschüsse genutzt. Vielleicht sollten die durch die Fördersystematik angelaufenen Gewinne (also Einnahmen, die über die gesetzlichen Gewinnbeschränkung des Sozialen Wohnungsbaus hinausgehen) mal ermittelt und den Verkehrswerten der Häuser zum Zeitpunkt der Baufertigstellung gegenübergestellt werden. Für einen beträchtlichen Teil – so meine Überzeugung – dürften die ungerechtfertigten (aber nach Lage der Dinge rechtmäßigen) Einnahmen den Wert der Häuser übersteigen, so dass diese Summen als Wertausgleich für eine Überführung der Häuser in eine kommunale Verwaltung angerechnet werden könnten.

    Unabhängig von solchen sicher nicht unmittelbar durchsetzbaren Szenarien konzentrieren sich die meisten Forderungen der Initiative jedoch auf Fragen wie Kappungsgrenzen und die Rücknahme von Kostensenkungsaufforderungen durch die Jobcenter.

    Beste Grüße,

    AH

    • Hallo Herr Holm,

      wenn natürlich in irgend einer Form „zuviel“ gezahlte Förderungen auf einen Kaufpreis angerechnet werden könnten, dann ändert sich natürlich die ganze Kalkulation. Denn man muss zukünftigen Mieten den Kosten (laufende Kosten ABER auch Mieten und Abschreibung) gegenüberstellen. Wenn die Stadt nun einen vergünstigen Preis erhält, dann fallen die Abschreibungen und die Zinsen geringer aus. Ich bezweifel nur das dies möglich ist. Die Förderungen wurden eben damals gewährt, in den Zeiten, als man noch ohne Maulen alle Rechnungen nach Bonn schicken konnte. Das damals die Ganze Bauindustrie, sagen wir es so, nicht Transparancy-International-konform war, ist auch bekannt. Aber das daraus Heute harte Zahlungen (ein „Rabatt“, wäre dies ja) das wäre schön, aber unrealistisch.

      Und bei den Kappungsgrenzen und den Kosten der JobCenter, ist es eben so: Das geht 1:1 in die Landeskasse. Das kann kein Nachhaltiges Modell sein. Man kann nicht gegen Strukturentwicklungen ansubventionieren. Oder zumindest muss man es vorher mit sehr sehr spitzem Bleistift durchrechnen. Auf Strukturentwicklungen muss man strukturell antworten. Gerade Privilegien bei den Bauhöhen halte ich in Berlin für sehr interessant, denn es gibt hier so eine „Standarthaushöhe“. Das Privilleg zu verteilen, höher zu bauen, ist sicher einiges Wert. Auch -ich schrieb es ja bereits- gefällt mir die Durchmischung IM Haus. Das ist für mich viel wertvoller, als die Durchmischung im Sinne „Arme am Kotti“, reiche 250 Meter weiter am Planufer.

      Auch gibt es in Berlin derart viele Freiflächen, auch in den Innenstädten, man kann hier, besser als woanders, auf den unvermeidbaren Trend der Reurbanisierung antworten. Und die kommt, allein schon der Ölpreis. Die Zahl an der Tankstelle ist für die im Suburb ihre zweite Miete/Hypothek.

      Aber wenn man jede Baulücke, jeden Schrebergarten und jede Brachfläche derart verteidigt, am Ende noch mit dem Hinweis auf drohende „Gentrifizierung“, dann landen am Ende die Armen in WGs in Gropiusstadt usw. weil die Wohlhabenden ihre Wohnung eben haben. Saniert. Und so eine Kotti-Sozialwohnung kann auch bald Trend werden. Ist ja quasi auch schon eine Art Altbau. Wenn man in die duzend Baulücken drum-rum Aber Häuser hinstellen würde, dann würden die da aber gar nicht hinwollen. Neubau, up-to-date ist immer besser. Wenn ich durch Kreuzberg/die Berliner Innenstadt laufe und vor allem wenn ich auf google-Earth schaue, dann sehe ich lauter Wohnraum. Nur stehen da eben keine Häuser.

      • Hallo,

        die Idee mit der höheren Anzahl von Stockwerken finde ich auch überlegenswert, jedoch ist hier für mich rechnerisch ohne subventionen auch nichts gewonnen. Wenn Sie davon ausgehen, dass ein normaler Neubau inkl. dem Grund und Boden um die 2.000€ pro m² kostet kann man im günstigsten Fall wie folgt rechnen:

        Da man den Grund und Boden über die freifinanzierten Wohnungen in seine Renditeberechnung einbezieht werden die 1-2 Geschosse für die ärmeren bevölkerungsschichten hiervon ausgenommen. Bleibt aber immer noch ein Herstellungsaufwand von ca. 1.500€/m². Je kleinteiliger die Wohnungen sind (was ja benötigt wird) um so höher der Herstellungsaufwand, es werden ja mehr Bäder etc. mit dem erhöhten Installationsaufwand benötigt. Nun will der Vermieter für sein Risiko das er mit der Investition eingeht mindestens 4,5% Rendite haben, sonst liegt er unter dem Schatteniflationssatz (meiner Meinung ist dieser auch noch höher, aber das ist was Anderes) und er will eine Mietausfallwagnis bezahlt haben, da Wochnungen ja auch mal leerstehen. Dann sind wir also bei 5% Rendite die erwirtschaftet werden müssen bei einem Herstellungsaufwand von 1.500€/m². Das wiederum heißt eine Rendite von 75€/p.a. oder 6,25€/nettokalt/m²/Monat. Setzt man jetzt noch das Risiko an das sozial schwächere Mieter eher von der Substanz des Gebäudes leben und auf Grund der eigenen finanziellen Situation weniger häufig in Eigenregie renovieren ist ein Aufschlag von 20 Cent angebracht. Wir landen also bei 6,45€/nettokalt den Quadratmeter. Hinzu kommen jetzt die Heiz- und Nebenkosten. Nun liegen wir bei ca. 8,50€ Warmmiete pro Quadratmeter. Für die meisten Prekariatsangehörigen nicht erreichbar. Geringere Mieten können nur im Bestand erreicht werden, wenn das Gebäude voll abgeschrieben ist. Hier muss man lediglich z.B. bei Altbauten mit einem Instandhaltungsaufwand von 3,70€/m² rechnen, der Rest ist für den Vermieter Gewinn. So lange aber in den gefragten Lagen höhere Mieten gezahlt werden ist eine Kappung bei der derzeitigen Gesetzeslage illusorisch. Geringere Mieten sind meiner meinung nach sowieso nur in 70er-Jahre-Siedlungen und Nachkriegsbauten realisierbar, da diese auf Grund ihrer Betonstruktur und ihrer Ausstattung recht robust sind und weniger Instandhaltung erfordern. Ein Gründerzeitaltbau braucht viel mehr Pflege und Aufwand der natürlich auch bezahlt werden muss, schließlich zahlt der Mieter einen Mietzins, der wie das Wort es schon impliziert die Zinsszahlung an den Eigentümer ist der hierfür Risiko und Aufwand betreibt. So traurig wie das ist, ich sehe nicht, das die weitere Segration aufgehalten wird. Es wird zu eine HarzIV-Ballung in den Satelitenstädten am Stadtrand kommen, da jede andere Lösung das Budget der Stadt sprengen würde. Mit dem Auslaufen der Transfergeldzahlungen an Belin (Länderfinanzausgleich) wird sich die lage früher oder später noch weiter verschärfen..

      • Hallo MBE,
        ich habe 3 Punkte:
        Erstens:
        Durch seine Investition, den Inflationssatz wieder herauszubekommen, ist ein Wunsch der Investoren. Es ist nicht gesagt das dies auch erreicht wird. Ich würde die Rechnung in Ihrer Logik daher anders anstellen. Man muss sich das Renditeniveu auf verschiedenen Anleihemärkten anschauen und vergleichen wie das Risiko der Imobilieninvestition zu der Anleihe steht. Denn es ist keineswegs sichergestellt, das die Finanzmärkte, wozu auch die Investition in Immobilien gehören, die Werterhaltung sicherstellen. Man hat ja nur die Wahl für die beste Alternative, der Inflationsausgleich muss keineswegs erreichbar sein. Er war es nur in „unser Welt bisher“.
        Im Vergleich zu (recht sicheren) Anleihen, hat die Immobilie natürlich ein gewisses Risiko, in 10 Jahren könnte Berlin ja wieder total unhip sein, oder nur der Kiez, oder nur die Straße etc., den Vorteil hat es das, die Mieten einen gewissen Inflationsschutz bieten, da deren höhe ja (in gewissen Rahmen, je nach Ausgestaltung) mit der Inflation ansteigen. Die Inflation daher in den Zins reinzunehmen, ist „doppelt gemoppelt“, denn sie Unterstellt, das die Mieten nicht steigen. Das ist aber eine Überzogene Forderung, warum soll bei Geldentwertung nicht auch die Miete, auch Sozialmieten, steigen?
        Lange Rede, kurzer Sinn: Man muss schauen, was für Renditen der Neubaumarkt erwartet. Und Mein Eindruck ist, das diese sehr niedrig sind. Wie hoch jedoch, das sollte jemand anders Beantworten. Die 5% jedoch, scheinen mir, etwas aufgerundet. Sowas kommt übrigends schnell bei diesen „zuschlagsgerechne“ zustande. Milchbauern sind ja auch der Meinung, Sie bräuchten 40 cent, pro Liter, die rechnen dir das auch schlüssig vor,. Sie bekommen aber 15-20 cent, das seit Jahren, ja Jahrzehnten und der Supermärke sind trotzdem voll.

        Zweitens:
        Wenn man von einer fixen Summe die der Staat für Soziale Belange zur Verfügung hat, dann stellt sich die Frage, ob er das in die Kostensenkung von Quadratmetern stecken soll, oder nicht direkt den Menschen geben soll. Denn ob man nun mit 20, 30 oder 40 qm klarkommt, ist doch kein fixum. Für manchen sind 20 qm ok, wenn er dafür mal Geld übrig hat, ab die Ostsee zu fahren (etc.), dem würde man diese Möglichkeit nehmen, wenn man ihm das Geld nicht direkt gibt, sondern in Quadratmeter steckt. Das ist mein Grundproblem mit der Idee hinter Sozialem Wohnungsbau. Denn Langfristig, steigt die Miete immer auf das Niveau des Neubaupreises, wenn man nicht ständig Sozialen Wohnungsbau nachbaut. Früher oder Später, wird eine Phase kommen, an der zugebaut werden muss, ob nun durch Bevölkerungssteigerung oder durch das natürliche Lebensalter von Häusern.

        Drittens:
        Meine Idee Inkludierte ja das Anheben der zulässigen Geschosszahl. Das sorgt aber nicht nur dafür, das man den Bodenpreis nicht einrechnen muss, sondern auch dafür, das die oberen Stockwerke teurer werden, da mehr Licht, bessere Aussicht etc. Meine Vermutung ist das die Sozialetagen, in das 1 & 2 OG getan würden, vielleicht in das 2 & 3, falls in die 1. noch so etwas wie eine Arztpraxis soll. Der „Mehrwert“ der über sen Sozialetagen „erhobenen“ Stockwerke, wäre auch ein Anreiz.

        Anmerkungen:
        Der Länderfinanzausgleich als solches steht nicht zur Disposition. Sicher wegfallen wird der Solidarpakt II (Aufbau Ost). Des weiteren muss man befürchten das gegen das Stadtstaatenprivileg im LFA argumentiert/polemisiert wird. Aber auf der anderen Seite exsistiert auch vergleichbares in dem kommunalen Finanzausgleich aller Flächenländer. Ich hab da keine Quelle für, aber der Tatsache geschuldet, das Bremen seit 1970 Nehmerland ist, leite ich ab, das so etwas wie das Stadtstaatenprivileg im LFA seit jeher existierte, da Bremen höchst wahrscheinliech (für die Gegenwart weiß ich es) überdurchschnittliche Steuereinnahmen hat. Daher glaube ich kaum das das ersatzlos wegfallen wird. Würde es wegfallen, dann wäre das aber in der Tat dramatisch. Berlin wäre dann 90% der LFA Zahlungen los, und damit knapp davor ein Geberland zu sein, da dann so niedrig die Steuereinnahmen pro Kopf nicht sind.

        Liebe Grüße

      • Hallo Tim,

        mit der Anmerkung das ein Iflationsausgleich nicht erreicht werden muss („er war nur bisher in unsere Welt“) liegts du glaube ich falsch, bzw. bedenkst die Konsequenzen nicht. Sollten hier in Deutschland derartige Renditen (reiner Schutz gegen die Geldentwertung) nicht erreicht werden, werden zumindest die institutionellen Investoren sehr schnell in renditeträchtigere Standorte außerhalb von Deutschland abwandern. Die Kosequenz wäre ein Rückgang im Wohnungsbau und eine damit einhergehende Situationseskalation in den Ballungszentren. Dazu ist das Kapital heutzutage zu mobil und die Sicherheiten gegen einen Ausfall auch im Ausland (zumindest in weiten Teilen) gegeben. Die Infaltion ist auch nicht doppelt in den Mietzins eingerechnet sondern stellt wie ich geschrieben habe eine Untergrenze dar, unter der kein vernünftiger Investor Geld bereitstellt. Ausgenommen sind hier vielleicht ein paar Kleinkrauter die sich aus Liebhabergründen die nette Gründerzeit-Eigentumswohnung kaufen um dies privat weiterzuvermieten. Aber denen wird renditemäßig vor dem Kauf das blaue vom Himmel versprochen aber in Langzeitkalkulationen machen die nicht den Schnitt auf den sie kommen sollten/müssten, sie zahlen letztendlich drauf.

        Privater Zinsgewinner bist du rechnerisch sowieso erst ab 500T€ Eigenkapital, an sonsten wird von dir zu anderen nach Oben umverteilt. So ist unser System.

        Der Milchbauer kann übrigens nur so günstig verkaufen (Erzeugerpreis/Auszahlungspreis im Augenblick 28,5 Cent/Liter) weil er umer die Agrarsubventionen der EU quersubventioniert wird. Ohne die Subventionen die wir alle über unsere Steuern (die anteilig in den EU-Agrarhaushalt fließen) zahlen würden einige beim Milchpreis dicke Backen machen, nur doof dass sie nicht merken das sie halt nur hintenrum zahlen müssen.

        Die erhöhten Direktzahlungen an Prekariatsangehörige sehe ich kritisch. Nicht weil ich denke das alle HarzIV-Empfanger das Geld unnütz verschleudern/versaufen/verrauchen, sondern auf Grund der Sogwirkung die hierdurch entsteht. Deutschland ist gemäß EU-Urteil verpflichtet, allen zuziehenden EU-Personen sofern diese keiner Arbeit nachgehen das Existenzminimum zu sichern. In wirtschaftlich harten Zeiten kann das zum Bumerang werden. Wenn jetzt (bleiben wir mal bei den aktuellen Komplikationen im zusammenberchenden EU-Kartenhäuschen) auf Grund der nicht finanzierbaren Sozialunterstützung in Griechenland etliche Einwanderer kommen, wobei der Zuzug bei höherer staatlicher Grundversorgung immer attraktiver wird, muss der Kuchen in Deutschland auf mehr Leute verteilt werden. Ergo sinkt der Unterstützungsbetrag dann auch wieder ganz schnell und wir in Deutschland quersubventionieren indirekt die arbeitslosen Auswanderer des Club-Meds. Außerdem würde einen stärkere Geldversorgung des Prekariats die Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme in Teilen minimieren. Hier müsste dann der Staat wieder für eine gewisse Abgrenzung zur arbeitenden Bevölkerung sorgen, die Löhne würden steigen und ein Lohn-Preis-Spirale würde in Gang gesetzt werden, die wieder in höherer Inflation endet. Deine Grundidee find ich schön, ist aber aus meiner Sicht nicht praktikabel. Gerade im Hinblick auf Wettbewerbsvorteile die sich Deutschland erhalten sollte.

        An einen solch exorbitanten Mehrwert in den oberen Etagen wie du unter 3 erwähnst glaube ich nicht. Wir haben hier keinen solch großen Renditeabstand der eine derartige Quersubvention der Sozialbauwohnungen ermöglichen würde. Die hohen Mieten werden meistens durch einen hohen Ausbaustandart in den Dachgeschossen erreicht, der rechnerisch natürlich ein höheres Mietniveau einfordert.

        Beim Länderfinanzausgleich hab ich falsch geschrieben da hat du recht das es um den Ost-Aufbau geht. In Verbindung mit der Schuldenbremse ab 2020 wird sich Berlin noch einmal umdrehen. Da bin ich froh das ich in Hamburg wohne.

        Ich gehe weiter davon aus, dass sich eine weitere Ghettoisierung in den Randbezirken zeigen wird, so lange unser Wirtschaftssystem global nicht umgestellt wird. Vielleicht sind die Satelitensiedlungen dann aber mal der Ort, wo in der Stadt wirkliches Leben herrscht….

      • Hallo MBE,

        ich habe gar nicht bezweifelt, das ein Investor sich den besten Ort der Investition sucht. Nur kann auch an diesem Ort die Realrendite negativ sein, von der logischen Betrachtung her. Der Wunsch, den realen Wert mindestens zu erhalten, ist letztendlich ein Wunsch. Es ist nicht sichergestellt, das es einen Ort gibt, an dem man dies erreichen kann. Erreichen kann man in jedem Fall nur den nominalen Erhalt. Die Bundesrepublik Deutschland muss bei der Refinanzierung ihrer Schulden zum Beispiel nicht mehr den realen Wert erhalten. Auch auf Ihrem Tagesgeldkonto ist das so.
        Darüber Hinaus, war das in Ihrem Rechenbeispiel schon doppelt gemoppelt, da in einem Fall von Inflation, ja die Miete (die Zahlung, der Rückfluss) steigt. Ein Inflationsausgleich ist daher schon durch die Entwicklung der Finanzströme sichergestellt, und muss nicht -wie bei nichtinflationsgeschützten Krediten- IN der Rendite reingerechnet werden. Die Miete von 400 Euro, wird doch nach 10% Inflation (was hoffentlich nicht jährlich geschieht, sondern alle 5 Jahre) auf 440 Euro steigen. Sie brauchen also den Inflationsausgleich bei der ursprünglichen Feststellung der 400 Euro nicht ansetzen. Vergleichbare abwägungen finden Sie bei den Dividendenrenditen von Aktien, die nicht – entsprechend ihrem höheren Risiko – entsprechend höher sind als die von Anleihen. Die Dividenden, sind nämlich wie Mieten, dynamisch, und bilden daher die Inflation ab. Das eine Miete mit der Inflation steigt, sollte auch sozialpolitisch nicht zu beanstanden sein.

        Aus den beiden Argumenten, sage ich daher, das wir die Rendite „die der Markt fordert“ nicht auf dem Papierblock ermitteln können, sondern nur empirisch. Ein Inflationsausgleich ist jedoch nicht zwingend notwendig, da es die Alternative „kaufwerterhaltende Investition“ nicht zwingend geben muss.

        Zu den Direktzahlungen: Wenn die Sozialleistungen UND das Mietniveau höher sind, dürfte das keine „Sogwirkung“ erzeugen. Erst recht, weil das was Sie beschreiben -das wie allen EU inländern Sozialleistungen zahlen müssen- so nicht stimmt. Das gilt nur für die Unterzeichner der Sozialcharta. Und vermutlich auch für Personen die hier sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung nachgehen. Andersrum wird ein Schuh draus. Man kann nach 3 Monaten, sogar EU Bürger „abschieben – es heißt vermutlich anders“ die nicht für Ihren Unterhalt, was eine Krankenversicherung einschließt, selber sorgen können.

        Den vermuteten Mehrwert von höheren Etagen, leite ich ab, aus den geforderten Kaufpreisen und Mieten bei Neubauwohnungen mit gleichem Grundschnitt, an der gleichen Stelle. („Die Wohnung darüber“) Das kann schon mal 10% alle 2 Etagen machen. Zugegeben subjektive Eindrücke, aber keine theoretischen Überlegungen. Vor allem: Wenn das Penthaus dann die „Dachlinie“ überragt, man so eine Aussicht erhält, dürfte der Bonus noch einmal enorm steigen.

        Zu den Milchkühen: Die Subventionen ziehen die nicht ab, weil es die nicht pro Kuh gibt. Sondern pro Hecktar. Und das Land gäbs ja auch ohne Kuh. Mir ging es nur um diese Zuschlagskalkulation. Ich sehe Milch im Regal. Und das Langfristig zu den Preisen. Also muss man zu den Preisen produzieren können müssen. Sonst gäb es die Milch nicht. Daher ist es sinnlos sich vom Bauer vorrechnen zu lassen das man zu den Preisen nicht produzieren kann.

        Liebe Grüße
        Tim

      • Hi,

        EU-Ausländer können gemäß des Fürsorgeabkommens aus dem Jahr 1953 sofort Harz 4 bekommen. Das wurde auch schon vom Sozialgericht Kassel Az.B14AS23/10R bestätigt. Man muss nur sagen das man arbeiten will. Das gilt für 18 EU-Länder die unterzeichnet haben als auch für Isländer und Norweger. Hier haben wir einen großen Druck auf die Sozialsysteme, wenn sich das weiter rumspricht und die PIIGS weiter den Bach runter gehen.

        Deine Argumentation „wenn Sozialleistung und Mietniveau höher sind wird das keine Sogwirkung erzeugen“ kann ich nicht nachvollziehen. Als arbeitsloser Grieche ohne Sozialunterstützung durch den Staat und mit ggf. Familie die mich auch nicht unterstützen kann gehe ich lieber nach Deutschland (auch in die tiefste Pampa in McPom) wo ich ein dach über dem Kopf habe und mir zumindest Essen kaufen kann. Da werden wir uns meiner Meinung nach noch gehörigen sozialen Sprengstoff ins Land holen.

        Pro Liter Milch gibt es übrigens 3,55Cent direkte Subventionen als Milchprämie, dann musst du die indirekte Grünlandextensivierung einrechnen, Zusatzsubventionen gemäß Milchleistung etc. pp. Da kommt einiges zusammen. Nur deshalb kann man zu so lächerlichen Preisen die Milch bei uns in den handel bringen und durch die Milchexportquote/-subventionierung die Kleinbauern in Schwellenländern platt machen.

        Zur Inflationseinrechnung schreib ich morgen mal etwas detaillierter….

      • Hallo MBE,
        zum Beispiel ist der Bauzins 10 Jährig bei 2,54%, das ist schon deutlich nah an der Inflationsrate der Vergangenheit. Und meiner Einschätzung nach unter der Inflation in der Zukunft. Dazu kommt wie gesagt noch das Anlagerisiko der Immobilie, aber auch ein Abzug, wegen der positiven korrelation zwischen Mietentwicklung und Geldendwertung.

        http://www.welt.de/finanzen/article106394686/Euro-Krise-drueckt-Bauzinsen-auf-Rekordtief.html

        PS: Das man sich u.U. mit weniger als der Inflation zufrieden geben muss liegt daran, das die EZB die Geldmenge nach oben schaubt und die Zinsen tief hält. Das sehe ich auch kritsch, aber es ist kein Grund nicht auch die positiven Aspekte abzugreifen. Ich warb auch nicht dafür, das man davon ausgehen soll, der Zinssatz den der Markt fordert, läge unter der Inflation. Nur das dies so sein könnte und man deshalb die Inflation nicht abziehen kann.

        Zum Sozialabkommen: Man muss aber schon dazu sagen das die ganze Osterweiterung nicht drin ist, außer die Esten.
        Es ist aber beides egal weil der „Grieche“ doch auf Sozialleistungen-Miete schaut. Das ist doch beides gleich, ob man nun mit Subventionierten Wohnraum, oder mit höheren Barauszahlungen kommt.

        Das mit den direkten Milchsubventionen wusste ich nicht. Danke. Mir ging es aber um was anders. Der Milchbauernverband schreibt vielleicht preise auf, die er denkt. Seine Kollegen aus Norddeutschland mit 4 mal so vielen Kühen können aber nunmal billiger produzieren, deshalb gibt es die Milch. Und deshalb interessiert mich die Rechnung von dem Milchbord nicht. Die rechnen einen nur vor, das Sie nicht konkurrenzfähig sind.

  3. Reblogged this on Bodenfrost.

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